Es scheint eine eher deutsche Eigenart zu sein, dass auch in Kredit-Angelegenheiten bisweilen ein gewisser Hang zum Gutmenschentum zum Vorschein kommt. Dies wird einmal mehr durch eine repräsentative GEWIS-Umfrage im Auftrag der Hanseatic Bank deutlich. Diese hatte mehr als 1000 Deutsche zwischen 18 und 65 Jahren befragen lassen, wofür sie eine Kreditkarte mit unbegrenztem Limit verwenden würden. Die überraschende Antwort: Mehr als 50 Prozent würden den Kredit beim dauerhaften Einsatz für eine heile und friedfertige Welt verwenden.
Vielleicht sollte man darüber debattieren, ob der Zeitpunkt der Umfrage gut gewählt war und ob die Fragestellung als optimal betrachtet werden kann. Schließlich standen die meisten der im April befragten Verbraucher gerade unter dem Eindruck der Ereignisse in Japan und in Libyen, wodurch der Blick womöglich von den materiellen Dingen des Alltags abgelenkt war. Vielleicht waren auch viele der Befragten etwas überfordert, sich vorzustellen, dass man sich ewige Jugend und Schönheit oder die einzig wahre Liebe per Kredit(karte) leisten kann. Fakt ist, dass sich bei der Umfrage nur 17 Prozent der Frauen und 22 Prozent der Männer permanenten Ruhm und Reichtum auf Kredit gönnen würden.
Die Frage muss erlaubt sein: Sind wir Deutschen manchmal etwas weltfremd und ragt deshalb auch aus dem Scheckbuch manchmal die blaue Blume der Romantik hervor? Oder können wir uns diesen Idealismus leisten, weil es uns derzeit im Vergleich zu vielen anderen Ländern bedeutend besser geht? Ganz nach dem Motto: Wer hart arbeitet und gut wirtschaftet, kann nicht nur andere Euro-Länder mit Krediten unterstützen, sondern auch gleich dafür sorgen, dass diese Welt fortan eine bessere werden soll.
Womöglich handelt es sich sogar um ein weltweit verbreitetes Phänomen, dass es jenseits der Finanz- und Kredit-Welt auch noch gewisse Utopien geben muss. Nur sind wir Deutschen eben dafür besonders empfänglich. Sollte eine vergleichbare Umfrage demnächst auch in anderen Ländern abgehalten werden, darf man auf die Ergebnisse mehr als gespannt sein.