Ähnlich wie hierzulande hat der Bund in der Schweiz in Corona-Zeiten betroffene Gewerbetreibende mit einer Soforthilfe unterstützt. Es handelt sich hierbei um die sogenannten Covid-Notdarlehen. Mittlerweile wurden mehr als 130.000 Kredite abgeschlossen. Interessant ist, dass in mehr als 4.300 Fällen noch weitere Ermittlungen notwendig sind, um herauszufinden, ob diese Darlehen missbräuchlich verwendet worden sind. Der Bund, die Banken und auch die Nationalbank haben im Frühling während der ersten Phase der Pandemie ein Programm für Notdarlehen über insgesamt 20. Mrd. Fr. aufgelegt. Der Hauptfokus lag hier auf eine rasche und unkomplizierte Kreditvergabe.
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Die Covid-19-Kreditvergabe in der Schweiz
Benötigten Gewerbetreibende in der Schweiz ein Not-Darlehen bis zu 500.000 Fr., dauerte die Entscheidung hierüber weniger als eine halbe Stunde. In dieser Zeit erfolgte auch die Auszahlung. Zielgruppe waren kleinere und mittlere Unternehmen. Der Schweizer Bund bürgte bei kleineren Krediten für 100 % des Ausfallrisikos. Somit konnten die Banken auf eine aufwändige Kreditprüfung verzichten. Seinerzeit teilte der Finanzminister Ueli Maurer mit, dass ein Risiko von Missbräuchen quasi ausgeschlossen sei. Ein halbes Jahr später zeigte sich jedoch ein anderes Bild.
Kreditmissbrauch liegt bei rund 40 Millionen – Tendenz steigend
Im Rahmen einer Überprüfung von 130.000 Kreditvereinbarungen wurden zahlreiche Unstimmigkeiten festgestellt. Wie Martin Godel als Leiter der KMU-Politik beim Staatssekretariat für Wirtschaft auf Anfrage mitgeteilt hat, wurden von 1.506 abgearbeiteten Fällen 260 Strafanzeigen gestellt. Hier liegt ein dringender Verdacht eines Kreditmissbrauchs vor. Es ist davon auszugehen, dass diese Zahl noch weiter ansteigen wird. Momentan werden in noch laufenden 4.300 Untersuchungen nach möglichen Verdachtsfällen geforscht.
Die mögliche Deliktsumme soll sich in etwa auf 40 Mio. Fr. belaufen. Diese Zahl ist zwar nicht erfreulich, bewege sich aber innerhalb der Erwartungen. Noch bestünde die Hoffung, dass diese Gelder nicht vollständig verloren seien. Wird ein Unternehmen diesbezüglich verurteilt, so muss es den gewährten Kredit zurückzahlen. Wie die Staatsanwaltschaften der einzelnen Kantone mitgeteilt haben, würden in diesem Fall die Firmenkonten gesperrt. Gelder, die ins Ausland transferiert wurden, werden ebenfalls mit allen Mitteln wieder zurückgeholt.
Maßgeblich waren verdächtig hohe Umsatzzahlen
Rund 2/3 der 4.300 verdächtigen Unternehmen haben bei der Kreditbeantragung im Frühling verdächtig hohe Umsatzzahlen angegeben. Diese Angaben stimmten mit den Mehrwertsteuerdaten und anderen Datenerhebungen nicht überein. Somit konnten sich diese Unternehmen viel zu hohe Kredite besorgen. Natürlich kann es auch sein, dass die Unternehmen überhöhte Umsätze eingetragen haben, aber auch bei der letzten Mehrwertsteuer-Abrechnung zu niedrige Umsätze angegeben haben.
Interessant ist, dass in 15 % dieser Fälle die Unternehmen in Verdacht stehen, diese Notkredite illegal für die Ausschüttung von Dividenden oder für die Refinanzierung von anderen Darlehen genutzt zu haben. Es gibt auch Firmen, die erst nach dem Stichtag 1. März 2020 gegründet worden sind. Bei vielen Einzelfirmen ohne Eintrag im Handelsregister ist nicht eindeutig nachweisbar, wann diese wirklich gegründet worden sind.
Bei sofortiger Rückzahlung keine Strafanzeige
Nicht alle Misbrauchsfälle führen zu einem Verfahren. Bei 300 geprüften Unternehmen konnte der erste Verdacht nicht bestätigt werden. Bei 900 Unternehmen wurden Unregelmäßigkeiten festgestellt. Viele dieser Firmen legten jedoch offensichtlich keine kriminelle Energie an den Tag und haben den Kredit vollständig wieder zurückgezahlt. In diesem Fall wurde auf eine Strafanzeige verzichtet.
Inwieweit solche Missbrauchsfälle auch hierzulande zu verzeichnen sind, bleibt abzuwarten.