Die Bezeichnung „110 Prozent Finanzierung“ deutet es bereits an: Hier werden mehr als 100 Prozent an Gelder vergeben, also mehr als das üblicherweise der Fall ist. Obwohl diese Finanzierungsart bereits seit Längerem besteht, ist sie doch nicht jedem bekannt. Bei der 110 Prozent Finanzierung handelt es sich um eine Baufinanzierung, die komplett ohne Eigenkapital auskommt.
Inhalt
110 Prozent Finanzierung
Hierbei handelt es sich um eine Vollfinanzierung.
Die 110 Prozent Finanzierung wird im Allgemeinen ebenfalls als Vollfinanzierung bezeichnet. Darunter wird nicht nur die übliche Baufinanzierung verstanden, die die eigentlichen Kosten des Kaufs einer Immobilie, wie einem Haus oder einer Eigentumswohnung, abdeckt, sondern die ebenfalls die Nebenkosten deckt, die bei einem Kauf anfallen. Mittlerweile bieten verschiedene Banken die 110 Prozent Finanzierung an, obwohl diese für sie durchaus ein gewisses Risiko birgt, sodass die angehenden Kreditnehmer verschiedene Voraussetzungen erfüllen müssen, um in den Genuss einer solchen Finanzierung zu gelangen.
110 Prozent: Warum?
Hier sind die Kaufnebenkosten inbegriffen.

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Während die 100 Prozent dem Hauskauf dienen, fallen üblicherweise etwa zehn Prozent zusätzlich für die Kaufnebenkosten an. Hierzu zählen neben den Kosten für Makler und Notar ebenfalls die Grunderwerbsteuer sowie der Grundbucheintrag.
Wird zum Beispiel ein Haus zu einem Preis von 400.000 Euro erstanden, dann belaufen sich die Nebenkosten immerhin auf 40.000 Euro.
Voraussetzungen
Gute Bonität und Sicherheiten sind oftmals ausschlaggebend.
Eine 110 Prozent Finanzierung wird von den Banken jedoch nicht ohne Weiteres vergeben. So dient hier generell die Immobilie selbst als Sicherheit. Das Problem hierbei ist, dass bei dieser Immobilie jedoch nicht nur das Haus beziehungsweise die Eigentumswohnung finanziert wird, sondern ebenfalls die Nebenkosten. Somit bedeutet diese Differenz ein deutliches Risiko für die Bank. Das ist auch oftmals der Grund, warum einige Kreditinstitute eine solche Finanzierung ablehnen.

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Die Banken, die die 110 Prozent Finanzierung anbieten, verlangen dafür jedoch auch ein hohe Bonität. Potenzielle Kreditnehmer mit einem negativen Schufa-Eintrag, als Beispiel, haben hier in der Regel kaum eine Chance. Dazu kommt, dass ebenfalls die Immobilie sowie deren Lage bei der Vergabe des Kredits eine hohe Rollen spielen. Handelt es sich bei der ausgewählten Immobilie beispielsweise um ein Haus in einer schlechten Lage, dass zu einem Niedrigpreis angeboten wird, dann ist eher davon auszugehen, dass die Bank hier keinen Kredit vergibt. Geht es dagegen um eine hochwertige Immobilie in einer sehr guten Lage, dann ist es um einiges wahrscheinlicher, dass die Bank den gewünschten Kredit vergibt.
Genaue Zusammensetzung der zehn Prozent
Dazu gehören beispielsweise die Notar- sowie die Maklerkosten.
Der Kauf einer Immobilie verläuft in der Regel über einen Makler. Dieser stellt seinen Kunden die infrage kommenden Objekte, die den Vorstellungen seiner Käufer entsprechen, vor und übergibt ihnen bei Interesse an einem Objekt ein Exposé. Kommen verschiedene Häuser in Betracht, wählen die angehenden Kreditnehmer die Immobilien aus, die ihnen am besten gefallen und vereinbaren anschließend mit dem Makler passende Besichtigungstermine. Die Gebühren, die der Makler für seine Arbeit verlangt, betragen üblicherweise etwa drei bis acht Prozent des Kaufpreises plus Mehrwertsteuer. Hier gilt es jedoch, aufzupassen, denn die Höhe der Maklerprovision fällt je nach Bundesland unterschiedlich aus.

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Wer sich jedoch nicht sofort auf ein bestimmtes Objekt festlegen möchte, der kann dieses zunächst für sich reservieren lassen. Auf diese Weise wird ein gewisser Zeitrahmen vereinbart, in dem das Objekt niemand anderem zum Kauf angeboten wird. So erhält man Zeit, um sich eingehend zu überlegen, ob man das Haus erstehen oder sich lieber doch für eine andere Immobilie entscheiden möchte. Während der Reservierungsfrist ist es natürlich möglich, sich noch weitere Objekte anzusehen. Allerdings ist eine Reservierung nicht kostenfrei. So müssen hierfür weitere Gebühren beglichen werden, die etwa zehn bis 15 Prozent der Maklerprovision ausmachen. Wichtig zu wissen ist hierbei auch, dass die Reservierung sofort zu bezahlen ist. Wer sich anschließend für den Kauf der Immobilie entscheidet, für denjenigen ist die Reservierung im nach hinein kostenlos, denn die betreffende Summe wird in diesem Fall ganz einfach mit der Provision des Maklers verrechnet.
Zu den zehn Prozent zählen ebenfalls die Notarkosten. In der Regel begleitet der Makler seinen Kunden zu diesem Termin. Hier wird der Kauf der Immobilie rechtskräftigt besiegelt. Der Notar, als eine neutrale Person, übernimmt hier unter anderem die Erstellung des eigentlichen Kaufvertrags, den Eintrag ins Grundbuch sowie die notwendige Meldung beim Finanzamt. Außerdem klärt er den Käufer über alle diesbezüglichen rechtlichen Belange auf und steht auch bei den verschiedensten Fragen hilfreich zur Seite. Die Notarkosten belaufen sich auf etwa zwei Prozent des Kaufpreises.
Gut zu wissen: Die Notarkosten sind gesetzlich geregelt und fallen somit bei jedem Notar gleich aus.
Ein weiterer Punkt der Kaufnebenkosten ist die Grunderwerbsteuer, die ebenfalls je nach Bundesland unterschiedlich hoch ausfällt. Die Grunderwerbsteuer ist nur ein einziges Mal zu begleichen und zwar beim Kauf einer Immobilie. Eine Ausnahme hiervon existiert lediglich bei einer Immobilien-Schenkung oder auch dann, wenn es eine sehr geringe Bemessungsgrundlage gibt, die sich unter 2.500 Euro beläuft.
Unterschied zur 100 Prozent Finanzierung
Hier ist nur der Hauskauf abgedeckt.

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Der Unterschied zu einer herkömmlichen 100 Prozent Finanzierung liegt somit lediglich in den zehn Prozent, die ebenfalls die Kaufnebenkosten decken. Die betreffende Summe sorgt jedoch dafür, dass der Kredit nicht nur teurer wird, sondern ebenfalls länger andauert. Es muss also ebenfalls mit einer längeren Laufzeit gerechnet werden. Das wiederum führt dazu, dass nach der Zinsbindung, wenn eine Anschlussfinanzierung notwendig ist, eine höhere Summe weiter finanziert werden muss, als das bei einem Kauf mit Eigenkapital der Fall ist. Dazu kommt ebenfalls das Zinsänderungsrisiko, denn es ist in der Regel nicht absehbar, wie hoch die Zinslast zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung ausfällt.
Sondertilgungen
Manchmal sind Sondertilgungen sogar kostenfrei möglich.
Je nach Bank ist es jedoch möglich, im Kaufvertrag die Möglichkeit von Sondertilgungen zu vereinbaren. Üblich ist hier beispielsweise, das eine kostenfreie Sondertilgung pro Jahr bis zu einem gewissen Betrag durchgeführt werden kann. Auf diese Weise ist es zusätzlich machbar, die restlichen Kreditsumme zu reduzieren.
Lohnt sich die 110 Prozent Finanzierung?
Auf jeden Fall: Hiermit ist es selbst ohne Eigenkapital möglich, einen Kredit zu erhalten.

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Eine 110 Prozent Finanzierung ist durchaus lohnenswert. So ist es auch Kreditnehmern ohne Eigenkapital möglich, eine Immobilie zu erwerben. Es ist jedoch, wie bei anderen Krediten ebenfalls, ratsam, hier genau zu kalkulieren. Zudem sollte die Anschlussfinanzierung mitbedacht werden. Hier sind Sondertilgungen eine gute Option, um die restliche Kreditsumme niedriger zu halten.
Außerdem ist es natürlich bis zum Zeitpunkt der Anschlussfinanzierung machbar, Kapital zu sparen, wie etwa im Rahmen eines Bausparvertrages oder auch ganz einfach auf dem Girokonto beziehungsweise Sparbuch, dass dann hierbei eingesetzt werden kann.