Steigende Mieten und niedrige Zinsen lassen immer mehr Menschen darüber nachdenken, in die eigenen vier Wände zu investieren. Möglich ist dies mittlerweile sogar auch dann, wenn kein Eigenkapital vorhanden ist, denn die Banken bieten immer häufiger die Vollfinanzierung an. Hierbei können bis zu 120 Prozent des Kaufpreises oder der Baukosten mit entsprechenden Bankkrediten finanziert werden. Sinnvoll ist ein solcher Immobilienkredit aber nicht für jeden Kreditnehmer, denn er bietet nicht nur Vorteile, sondern weist auch einige Risiken auf.
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Baufinanzierung mittlerweile auch ohne Eigenkapital möglich ?
In früheren Jahren galt die Faustregel, dass eine Baufinanzierung nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn mindestens 20 Prozent der Kosten als Eigenkapital zur Verfügung stehen. So stellte die Bank sicher, dass das Darlehen durch das Haus vollständig abgesichert werden konnte. Muss dieses nämlich im Rahmen einer Zwangsversteigerung verwertet werden, ist nicht garantiert, dass der vollständige Verkehrswert erzielt werden kann. Ein Abschlag von 20 Prozent war somit kein Problem. Heute jedoch verzichten viele Institute auf die Forderung nach Eigenkapital und finanzieren die anfallenden Kosten zu 100 Prozent.
Bei Bedarf ist es sogar möglich, bis zu 120 Prozent des Kauf- oder Baupreises zu finanzieren und damit sogar Notarkosten, Grundbuchkosten und Maklergebühren abzudecken. Dies hat für Kreditnehmer natürlich den Vorteil, dass sie sofort ihr Traumhaus oder ihre Traumwohnung kaufen und einziehen können. Eventuell steigende Bau- und Kaufkosten bzw. höhere Zinsen müssen nicht mehr beachtet werden. Zudem kann auf die Jahre des Ansparens verzichtet werden. Allerdings weist eine solche Vollfinanzierung auch Nachteile und Risiken auf, die nicht unbeachtet bleiben sollten.
Die Voraussetzungen für die Baufinanzierung ohne Eigenkapital
Wer ohne Eigenkapital ins eigene Haus möchte, sollte einige Voraussetzungen erfüllen, denn die Bank vergibt einen Teil des Darlehens nahezu ohne Sicherheiten. So wird ein solcher Immobilienkredit in der Regel nur an Menschen vergeben, die ein festes und gesichertes Einkommen nachweisen können, mit dem die Kreditrate über die gesamte Laufzeit finanziert werden kann. Zudem fordern viele Institute eine vergleichsweise schnelle Rückzahlungund eine damit verbundene anfängliche Tilgung in Höhe von mindestens zwei Prozent. So wird die Restschuld am Ende der Zinsbindung gesenkt und das Risiko steigender Zinsen minimiert.
Sollte das Zinsniveau bis zum Ende der Zinsbindung nämlich deutlich steigen, müssten Kreditnehmer bei einer Kreditverlängerung tiefer in die Tasche greifen, was womöglich die komplette Finanzierung ins Wanken bringen könnte. Um dieses Risiko noch weiter zu senken, empfehlen sich Zinsbindungszeiten von 15-20 Jahren. Zusätzlich ist es sinnvoll, Geld in einen Bausparvertrag zu investieren, der für die Ablösung genutzt werden kann.
Diese Voraussetzungen sollten für die Finanzierung ohne Eigenkapital vorhanden sein:
- gesichertes Einkommen in ausreichender Höhe
- keine befristete Beschäftigung oder Probezeit
- anfängliche Tilgung von mindestens zwei Prozent
- Zinsbindung von 15-20 Jahren zur Reduzierung des Zinsänderungsrisikos
Baufinanzierung ohne Eigenkapital ist zumeist deutlich teurer
Da die Banken bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital nicht den gesamten Kreditbetrag absichern können, müssen sie die Kosten des höheren Risikos an ihre Kunden weitergeben. Sie tun dies in Form von Zinsaufschlägen, die je nach Kreditinstitut unterschiedlich hoch ausfallen können. Nach Angaben der Stiftung Warentest, die im Juni 2014 nachgerechnet hatte, ergeben sich folgende durchschnittliche Zinsaufschläge:
Beleihungswert | Zinsaufschlag |
---|---|
60 Prozent | 0% |
70 Prozent | 0,1-0,15% |
80 Prozent | 0,15-0,2% |
90 Prozent | 0,3-0,4% |
100 Prozent | bis 0,7% |
Bei einem Kreditbetrag in Höhe von 200.000 Euro würde ein Zinsaufschlag von 0,7 Prozent zu Mehrkosten in Höhe von 1.400 Euro im ersten Jahr führen. Bei einer durchschnittlichen Kreditlaufzeit von 30 Jahren könnte die Zinsmehrbelastung so auf über 30.000 Euro steigen.
Vorteile und Nachteile der Baufinanzierung ohne Eigenkapital
Natürlich ist die Baufinanzierung ohne Eigenkapital für Bau- und Kaufwillige erst einmal vorteilhaft, denn man muss nicht lange warten und kann den Traum vom Eigenheim sofort in die Tat umsetzen. Vor allem dann, wenn ein Schnäppchen gemacht werden kann, ist dies besonders wichtig. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass für den höheren Kreditbetrag auch eine höhere Kreditrate zu zahlen ist. Zudem erheben viele Banken Zinsaufschläge, wenn der Kredit nicht vollständig abgesichert werden kann. Es ist daher wichtig, die Vollfinanzierung genau zu planen und von einem Profi berechnen zu lassen.
Die Vorteile und Nachteile auf einen Blick
+ keine Eigenkapital und keine langen Ansparphasen notwendig
+ sofort in die eigenen vier Wände
– Zinssatz oft deutlich höher
– höhere Kreditrate bzw. längere Kreditlaufzeit
– größeres Zinsrisiko bei späterer Kreditverlängerung