Das die Banken von ihren Kunden eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen, ist durchaus keine Seltenheit. Doch wann wird diese Gebühr erhoben und wie von den Kreditinstituten berechnet?
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Vorfälligkeitsentschädigung
Hierbei handelt es sich um eine Gebühr, die die Banken bei einer vorzeitigen Kredittilgung aufgrund von entgangenen Zinsverlusten erheben.
Bei der Vergabe der verschiedensten Kredite wird der Zinssatz für einen ganz bestimmten Zeitraum festgelegt. Somit bleibt der Darlehenszins während der Kreditlaufzeit konstant, wodurch der Kreditnehmer keine Schwankungen hinnehmen muss. Dementsprechend ist hier eine hohe Planbarkeit gegeben.
Allerdings ist es durchaus möglich, dass sich während der Kreditlaufzeit die finanzielle Situation des Darlehensnehmer verbessert, sodass es plötzlich möglich ist, das Darlehen früher als geplant zu tilgen. Doch hier muss eines beachtet werden: Soll der Kredit vor Ablauf der im Vertrag genannten Frist getilgt werden, dann erheben die Banken hierfür gemeinhin eine Gebühr, die Vorfälligkeitsentschädigung. Die Gebühr wird deshalb von den Banken erhoben, da die vorzeitige Rückzahlung des Darlehen für das Kreditinstitut einen Zinsverlust bedeutet-
Sobald der Darlehensnehmer den vollständigen Kreditbetrag beglichen hat, wird die Vorfälligkeitsentschädigung fällig. Zudem gilt der Kreditvertrag erst dann als aufgelöst, wenn die Vorfälligkeitsentschädigung vom Darlehensnehmer in voller Höhe beglichen wurde.
Außerdem muss hier unbedingt beachtet werden, dass die Bank eine vorzeitige Kündigung und somit eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehensvertrags auch ablehnen kann. Dementsprechend hängt dies ebenfalls davon ab, wie entgegenkommend sich die Bank zeigt.
Allerdings existiert hier auch eine Ausnahme: Handelt es sich um einen Baufinanzierungskredit und muss die betreffende Immobilie verkauft werden, dann ist die Bank dazu verpflichtet, der Auflösung des Kontrakts zuzustimmen.
Aber auch bei einer gewünschten Erhöhung des Darlehensbetrags verhält es sich ähnlich: Lehnt der Darlehensgeber den betreffenden Antrag ab, dann hat der Kreditnehmer das Recht, den alten Kredit sofort zu tilgen.
Berechnung
Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung muss der Margen- und Refinanzierungsschaden bedacht werden.
Wie die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird, ist für einige Kreditnehmer jedoch oftmals nicht leicht erkennbar. Hierfür muss zunächst bedacht werden, dass sich die Gebühr aus dem Margen- und Refinanzierungsschaden zusammensetzt.
Bei zuletzt genanntem kommt folgendes zum Tragen: Damit es für die Kreditinstitute überhaupt möglich ist, ihren Darlehensnehmern einen recht sicheren Zinssatz anbieten zu können, werden Anleihen vorgenommen und zwar immer für die komplette Laufzeit, zu dem jeweils aktuellen Finanzmarktzins. Durch die Anleihen sind die Kreditinstitute dann auch in der Lage, die Darlehen zu gewähren.
Allerdings ist es durchaus möglich, dass sich der Zinssatz auf dem Finanzmarkt ändert und der Zinssatz beispielsweise günstiger ausfällt. Sollte der Kreditnehmer jetzt das von ihm beanspruchte Darlehen vorzeitig tilgen wollen, dann ist es der Bank nicht möglich, die betreffende Summe erneut zu denselben Konditionen anzulegen, wie vor Abschluss des Kontrakts. Dementsprechend entsteht hier ein Zinsdifferenz, die von der Bank als Schaden angerechnet und auf die jeweilige, restliche Darlehenslaufzeit angerechnet wird.
Beim Margenschaden verhält es sich etwas anders. Dieser stellt die Gewinnminderung dar, die das Kreditinstitut aufgrund der vorzeitigen Darlehensrückzahlung hinnehmen müsste; denn durch diese fallen Zinserträge weg. Der Hintergrund hierfür ist, dass Einlagen üblicherweise eine niedrigere Verzinsung aufweisen als bei Krediten der Fall ist. Die Differenz zwischen den beiden Zinssätzen trägt die Bezeichnung „Marge“. Diese ist dann niedriger, wenn ein Kredit vor Ablauf der Laufzeit zurück bezahlt wird, was wiederum den sogenannten Margenschaden darstellt.
Aus dem Margen- und Refinanzierungsschaden errechnet die Bank die Vorfälligkeitsentschädigung. Allerdings ist das noch nicht alles, denn es gibt durchaus noch weitere Dinge, die die Höhe der Gebühr beeinträchtigen. Dazu gehört unter anderem die restliche Kreditlaufzeit. Allerdings ist es den Banken nicht erlaubt, die Vorfälligkeitsentschädigung allzu hoch anzusetzen. So wurde von der EU bestimmt, dass die Gebühr bei einer Kreditlaufzeit, die über zwölf Monate beträgt, lediglich höchstens ein Prozent der restlichen Darlehensschuld verlangt werden darf. Bei einer restlichen Kreditlaufzeit von unter zwölf Monaten sind es dagegen maximal 0,5 Prozent der restlichen Darlehensschuld.
Jedoch muss hier unbedingt beachtet werden, dass dies lediglich für Verbraucher- und nicht für Immobiliendarlehen gilt. Bei zuletzt genanntem ist es den Kreditinstituten erlaubt, höhere Gebühren anzusetzen. Zur Berechnung wird hier nicht nur die restliche Darlehenslaufzeit, sondern ebenfalls die Höhe der restlichen Kreditschuld, das aktuelle Zinsniveau sowie ebenfalls der im Vertrag festgehaltene Zinssatz für den Kredit und etwaige Gebühren mit einbezogen.
Üblicherweise geht die Kreditinstitute dazu über, zu berechnen, wie viel Gewinn im Rahmen der vereinbarten Kreditweiterführung möglich gewesen wäre. Somit dient die Vorfälligkeitsentschädigung dazu, den Betrag abzudecken, der zur Gewinnerzielung notwendig ist. Laut Gesetz ist es den Banken hier möglich, zwischen zwei unterschiedlichen Rechenwegen auszuwählen. Allerdings sind die Kreditinstitute gemeinhin dazu verpflichtet, genau darzulegen, wie die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wurde.
Dementsprechend bleibt es den Banken überlassen, ob sie die Aktiv-Passiv-Methode oder die Aktiv-Aktiv-Methode anwenden. Bei der Aktiv-Passiv-Methode gehen die Kreditinstitute davon aus, dass die Summe von der Darlehensauflösung erneut auf dem Finanzmarkt angelegt wird. In der folgenden Berechnung muss beachtet werden, wie der Vertragszinssatz ausfallen würden, wenn das Darlehen weiterhin bestehen bleiben würde. Anschließend wird berechnet, wie hoch die Rendite für das Kreditinstitute ausfällt, wenn es sich um eine genau so lang laufende Anlage handeln würde. Die Differenzsumme, die sich zwischen den beiden Berechnungen ergibt, ist die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung.
Bei der Aktiv-Aktiv-Methode fallen die Berechnungen anders aus. Hier geht die Bank davon aus, dass die Darlehenssumme, die vom Kreditnehmer zurück bezahlt wird, sofort an einen weiteren Kreditnehmer verliehen wird. Jedoch wird gleichzeitig auch von einem niedrigeren Zinssatz ausgegangen. Dementsprechend entsteht hier ebenfalls eine Differenz: und zwar aus dem Zinssatz des alten und neuen Kredits. Bei dieser Differenz handelt es sich um den sogenannten Zinsverschlechterungsschaden. Hier rechnen die Banken dann eine dementsprechende Gewinnmarge dazu. Aus dieser Addition entsteht bei der Aktiv-Aktiv-Methode die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung.
Dementsprechend ist es nicht möglich, vorab abzusehen, wie hoch die Vorfälligkeitsentschädigung ausfällt, da diese immer erst von der Bank ausgerechnet werden muss.
Umgehen der Vorfälligkeitsentschädigung
In verschiedenen Situationen muss der Darlehensnehmer keine Vorfälligkeitsentschädigung entrichten.
Ob tatsächlich eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig wird oder nicht, muss individuell betrachtet werden. Allerdings existieren auch Möglichkeiten, die Bezahlung der Gebühr zu umgehen.
So ist es zum Beispiel bei einer Kreditlaufzeit von ab zehn Jahren in der Regel machbar, den Kredit vorzeitig zurück zu bezahlen, ohne das eine Vorfälligkeitsentschädigung hierfür anfällt. Üblicherweise endet die im Darlehensvertrag festgeschrieben Zinsbindung nach Ablauf von zehn Jahren. In der Regel besteht hier eine Frist von sechs Monaten, bis die restliche Kreditschuld getilgt werden muss.
Aber auch bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung ist es möglich, den Kreditvertrag zu kündigen; und zwar kann dies zu jeder Zeit durchgeführt werden.
Aber auch bei einem Darlehensvertrag, bei dem variable Zinssätze vereinbart wurden, ist eine Kündigung, in der Regel mit einer Drei-Monats-Frist, möglich. Wie auch bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung ist es auch hier nicht notwendig, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu begleichen.